Aufschwung im Montafon

Das älteste Wintersportwerbeplakat Vorarlberg 1909

©Montafoner Museen

Die Montafonerbahn, der Alpinismus und der Wintersport als Garanten des Montafoner Aufschwungs

 

Über Jahrhunderte war das Leben im Montafon durch saisonale und permanente Abwanderung geprägt. Aufgrund ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse zogen die Montafonerinnen und Montafoner als Krauthobler, Sensenhändler oder Ährenleserinnen in die Ferne. Auch viele Kinder verließen das Montafon und verdienten sich als sogenannte Schwabenkinder im süddeutschen Raum ihren Lebensunterhalt.[1]

Mit anderen Worten, es verließen lange Zeit mehr Menschen das Montafon, als Menschen ins Tal kamen. Dies ist nicht weiters verwunderlich, wenn man bedenkt, dass man Mitte des 19. Jahrhunderts für die Wegstrecke von Bludenz nach Partenen ganze achteinhalb Stunden benötigte.[2] Durch den Ausbau des Eisenbahnnetzes verbesserte sich die Erreichbarkeit des Montafons eklatant. Nach der Eröffnung der Vorarlbergbahn (1872) und der Arlbergbahn (1884) wollten auch die Montafoner ihre eigene Bahn. Es sollte noch einige Jahre dauern, bis ihr Wunsch im Dezember 1905 in Erfüllung ging.[3] Für die Strecke Bludenz – Schruns brauchte man fortan nur mehr 40 bis 45 Minuten. Ebenso konnte Gaschurn aufgrund besser ausgebauter Straßen von Schruns aus mit der Postkutsche binnen zweieinhalb Stunden erreicht werden.[4]

Von dieser besseren Erreichbarkeit des Montafons profitierten unter anderem die immer zahlreicher werdenden Alpinisten. Viele von ihnen kamen aus dem süddeutschen Raum und begnügten sich nicht nur mit dem Besteigen von Bergen, sondern errichteten zu deren besseren Erreichbarkeit auch Hütten. Zwei Beispiele für Schutzhütten, die in den letzten Jahren vor dem Kriegsausbruch von deutschen Alpenvereinssektionen in der Silvretta errichtet wurden, sind die Tübinger Hütte (1908) sowie die Saarbrücker Hütte (1911).[5] Wenn man bedenkt, dass etwa die Saarbrücker Hütte in den Jahren 1911 bis 1913 von 986 Personen besucht wurde,[6] so lässt sich daraus am Vorabend des Ersten Weltkriegs der Beginn eines alpinen Booms ablesen, der in den folgenden Jahrzehnten eine Vielzahl von Menschen ins Montafon locken und somit zum touristischen Aufschwung des Tales beitragen sollte.

Für diesen Aufschwung war weiters der Skisport von entscheidender Bedeutung. Hierfür wurden die Grundlagen noch vor dem Ersten Weltkrieg gelegt. Zum Beispiel wurden im Winter 1906/07 die Wintersportclubs Schruns und Tschagguns gegründet.[7] Anfangs noch belächelt, fanden die ersten Skifahrer rasch zahlreiche Mitstreiter und am 20. Februar 1910 fanden in Tschagguns die ersten Vorarlberger Landesskimeisterschaften statt. Der Kriegsausbruch sollte den aufkommenden Boom unterbrechen, jedoch nicht langfristig beenden.[8]

Heute ist das Montafon ohne Skisport ebenso wenig vorstellbar wie ohne Alpinismus oder ohne die Montafonerbahn. Die Grundlagen dafür wurden allesamt in den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg gelegt.


Bildunterschriften:

Zuggarnitur der Montafonerbahnen in Schruns


Die Tübinger Hütte vor dem Ersten Weltkrieg

[1] Vgl.: Andreas Rudigier, Montafon. Ein kleiner kulturgeschichtlicher Führer (Sonderband zur Montafoner Schriftenreihe 7). Schruns 12009, S. 11.

[2] Vgl.: Andreas Brugger, Die Geschichte des Alpinismus in der Silvretta. Die sozialgeschichtliche Bedeutung von Alpenvereinsschutzhütten von den Anfängen bis 1914. Phil. Diss. Innsbruck 2013. S. 443.

[3] Vgl.: Peter Strasser, Entlang der Montafonerbahn (Die Reihe „Auf Schienen unterwegs“ / Sonderband 13 zur Montafoner Schriftenreihe). Erfurt 2010, S. 3.

Für weiterführende Informationen siehe auch: Karl Zwirchmayr, 90 Jahre Montafonerbahn AG. Eisenbahn und Energieversorgung. Feldkirch 1994.

[4] Vgl.: Karl Baedeker, The Eastern Alps including the Bavarian Highlands, Tyrol, Salzburg, Upper and Lower Austria, Styria, Carinthia, and Carniola. Handbook for Travellers. Leipzig 111911, S. 283.

[5] Vgl.: Brugger 2013, S. 353-409.

[6] Vgl.: Ebd., S. 552.

[7] Vgl.: Andreas Brugger, Vom Pioniergeist vom Massensport – 100 Jahre Skisport im Montafon (Sonderband 3 zur Montafoner Schriftenreihe). Schruns 2006, S. 78-82.

[8] Vgl.: Ebd., S. 103f.


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02.11.2020