Erinnerungsorte

15 Orte - 15 Geschichten. Erinnerungen an den Nationalsozialismus im Montafon. Ein Gedenkprojekt zum Schwerpunkt Verfolgung und Widerstand in der NS-Zeit als Ausstellung im öffentlichen Raum in allen Montafoner Ortschaften.

Erinnern an Vergessene

75 Jahre nach dem Ende des NS-Regimes und des Zweiten Weltkriegs entstehen in allen Montafoner Orten Erinnerungszeichen. Zentrale Themen sind einerseits Flucht und Zwangsarbeit. Andererseits sind es auch Geschichten von Humanität und gewaltfreiem Widerstand. Es sind Schicksale von Menschen, die bisher im regionalen Gedächtnis nahezu ausgelöscht waren.

Alle 15 Geschichten ereigneten sich im Nationalsozialismus von 1938 bis 1945 im Montafon. Es sind individuelle Schicksale, aber keine Einzelschicksale. Fluchtgeschichten gab es damals unzählige, und Tausende haben allein im Montafon unter Zwangsarbeit gelitten. Gleichzeitig gab es Hilfsbereitschaft und Widerstand häufiger, als im Rahmen dieses Erinnerungsprojekts dokumentiert werden kann.

Jedes der 15 Schicksale geht uns nah – und ist nah. Alle Geschichten verweisen auf einen konkreten Ereignisort. Demgemäß werden die 15 Geschichten auch an diesen realen Orten manifest. Und jede Geschichte stellt uns vor die Frage: Wie halten wir es heute mit dem Engagement für die Schwachen in unserer Gesellschaft?

Zahlreiche Geschichten zeichnen das bedrückende Bild einer menschenverachtenden Ideologie. Die anderen Texte dokumentieren ein erhebendes Bild von Zivilcourage und Widerstandskraft. Alle Geschichten gemeinsam spiegeln eine irritierende „Gleichzeitigkeit des Ungleichen“. Und durch alle Texte zieht sich wie ein roter Faden die Befragung von Humanität und Menschenwürde.

Gesamthaft ergeben die 15 Geschichten an 15 Orten ein vielschichtiges Erzählpanorama. Nachfolgende Texte holen diese Geschichten exemplarisch ans Licht und schreiben sie in die Erinnerungslandschaft des Tales ein; an 15 Orten im Montafon, in einer Broschüre und hier im virtuellen Raum:

Stallehr: Die Intoleranz überwinden 

Es war die Zeit, in der die Nationalsozialisten Millionen Menschen zu Arbeitssklaven degradierten. Auch in Vorarlberg mussten Tausende verschleppte Zwangsarbeiter unter teils unmenschlichen und unwürdigen Bedingungen arbeiten.

Eugenie Mucha wuchs in einem polnischen Dorf auf. Die deutsche Wehrmacht überfiel ihr Land, und der Abtransport arbeitsfähiger Menschen begann. Auch Eugenie wurde in einen Güterwaggon getrieben. Monate später kam sie in Bludenz an.

Eugenies zukünftiger Arbeitsplatz war ein Gasthof mit Landwirtschaft in Stallehr. Bald entwickelte sich zwischen Otto Martin aus Stallehr und Eugenie eine Liebesbeziehung. Offenbar ermöglichte diese Beziehung einen erstaunlichen politischen Gesinnungswandel bei Otto Martin: er wurde zum Widerstands- und Freiheitskämpfer.

Als Eugenie schwanger wurde, bekannte sich Otto freimütig zur Vaterschaft. Beide wurden nach Innsbruck ins Gefängnis eingeliefert. Die schwangere Eugenie kehrte bald an ihren Arbeitsplatz zurück, ihr Mann jedoch verbrachte quälende Wochen im „Arbeitserziehungslager“ Reichenau in Innsbruck.

Indessen litt Eugenie unter dem Ruf der „Rassenschande“. Zudem sollte sie ihr Kind abtreiben lassen, denn bei schwangeren „Ostarbeiterinnen“ war ein Schwangerschaftsabbruch erwünscht. Eugenie allerdings wehrte sich erfolgreich gegen den Verlust ihres Kindes.

Dann wurde Otto Martin an die Front eingezogen. In den letzten Kriegswochen desertierte er und kämpfte auf Seiten der Alliierten gegen die Wehrmacht. Erst 1946 kehrte Otto Martin aus der Kriegsgefangenschaft zurück.

Während des ersten Besuchs von Eugenie in ihrer früheren Heimat in den 1960er Jahren verstarb ihr Mann. Eugenie Martin selbst starb 2012. 

Lorüns: Arbeit als Kampf 

St. Anton: Recht auf Leben 

Vandans: Chronik des Widerstandes 

Gantschier: Zwang bis zu dem Tod 

Bartholomäberg: Ein Vorbild für uns 

Innerberg: Religiöser Widerstand 

Silbertal: Frau mit Courage 

Schruns: Vergeblich und vergessen 

Tschagguns: Flucht und Erinnerung 

St. Gallenkirch: Hilfe und Risiko 

Gargellen: Flucht und Mord 

Gortipohl: Geist und Güte 

Gaschurn: Frau im Widerstand 

Partenen: Kein schlimmes Ende 

Stand Montafon 2021

Konzept, Recherche und Text: Michael Kasper, Stand Montafon und Bruno Winkler, Rath & Winkler OG

Projekt gefördert durch:interreg

interreg

Zuständig


Michael Kasper - Montafoner Museen
Kontaktdaten von Michael Kasper
FunktionKulturwissenschaftliche Bereichsleitung
NameMichael Kasper
AdresseKirchplatz 15
6780 Schruns
Telefon+43 5556 74723
E-Mailm.kasper@montafoner-museen.at