„Schieba, Schieba öberie, wem söll denn dia Schieba sie?“ - Scheibenschlagen / Scheibenschießen im Montafon

Scheibenschlagen in Gortipohl

© Montafoner Museen

Am ersten Sonntag der Fastenzeit, auch „Invocavit“ oder „Alte Fasnacht“ genannt, teilweise aber auch an anderen Sonntagen wie etwa „Laetare“, wird in mehreren Regionen des mittleren Alpenraumes der Brauch des Scheibenschlagens praktiziert. Das Scheibenschlagen wurde aber auch bei gewissen Jahresfeuern, neben dem Funkensonntag etwa zu Ostern, zu Johannis oder zu Peter und Paul betrieben.[1] Oft auf einer Anhöhe in der Nähe des Ortes wurden eigens für diesen Zweck angefertigte Holzscheiben auf einen Schwingstock gesteckt, im Feuer zum Glühen gebracht und mit Hilfe einer kleinen Holzbank abgeschlagen, sodass sie weit durch die Luft flogen. Dazu wurden Sprüche gerufen, die im Ort hörbar und zumeist für namentlich genannte Personen bestimmt waren, als Ehre oder Spott oder – vorzugsweise – um heimliche Liebschaften aufzudecken. Ausführende waren häufig die Burschen, die Jugend oder die Schulkinder, heute aber auch Vereine wie etwa die Funkenzünfte. Der Brauch ist oder war in Südwestdeutschland[2], in der Schweiz, in Teilen West- und Südösterreichs (Vorarlberg, Tirol, Kärnten, Lungau/Sb), in einigen an Kärnten angrenzenden Gebieten Friauls und Sloweniens, in der Gottschee, in Südtirol und im Trentino („Tratomarzo“), dort auch in einigen deutschen Sprachinseln, sowie vereinzelt in Ungarn verbreitet. Außerdem wird das Scheibenschlagen bei den Sathmarer Schwaben in Nordrumänien ausgeübt.[3]


Scheibenschlagen in Gortipohl

Abb. 1 Scheibenschießen in Gortipohl 2015 (Foto: Walter Kegele, Bludenz)

Der Brauch wurde im Lauf der Geschichte von der Geistlichkeit wegen seiner vermeintlichen heidnischen Wurzeln („Sonnenkult“) und der sittenwidrigen Auswüchse, und zur Zeit der Aufklärung auch von der weltlichen Obrigkeit wegen der Brandgefahr bekämpft, oft vergeblich. Als älteste Quelle für das Scheibenschlagen wird in der Literatur der durch eine brennende Scheibe ausgelöste Brand des Klosters Lorsch/Hessen am 21.3.1090 gewertet.[4] Es handelt sich dabei um ein für die Volkskunde besonders bedeutsames Dokument, das als ältester Beleg für einen Brauchablauf gilt. In weiterer Folge finden sich Verbote aus den Jahren 1476 (Basel), 1497, 1508 (Luzern), 1524, 1548, 1557, 1562 usf.[5] Von besonderer Bedeutung sind in der volkskundlichen Forschung des frühen 20. Jahrhunderts die mit dem Scheibenschlagen verbundenen Sprüche. Dabei zeigt sich, dass die von den scheibenschlagenden Burschen gesprochenen Texte auch über große geographische Entfernungen inhaltlich und formal weitgehend übereinstimmen. Überdies wurde bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts immer wieder die kultische Bedeutung des Brauchs (selbstverständlich ein Erbe aus germanischer Vorzeit!?[6]) diskutiert.[7] Allerdings wollen wir hier aufgrund des völligen Mangels an historischen Belegen nicht weiter auf diese z.T. äußerst abstrusen Diskussionen eingehen.[8]


Historische Notizen zum Scheibenschlagen im Süden Vorarlbergs

Die Ursprünge der Bräuche rund um den in Vorarlberg praktizierten Brauch des „Funkensonntags“ liegen im Dunkeln. Aus historischer Zeit begegnen uns jedoch immer wieder Hinweise darauf, dass das Scheibenschlagen im südlichen Vorarlberg seit über 400 Jahren praktiziert wurde. Zumeist handelt es sich um Verbote der vermeintlich heidnischen oder zumindest feuergefährlichen Praktiken. So finden sich beispielsweise aus den Jahren 1606 und 1610 Strafen bzw. Verbote des Scheibenschlagens in der Herrschaft Bludenz.[9] Im Gegensatz zum Funkenbrauchtum ist das Scheibenschlagen somit deutlich länger nachweisbar. Da frühere Verbote des Brauches in Bludenz nicht eingehalten worden waren, legte der Rat der Stadt damals fest, dass nur noch an der „altafassnacht“ (Funkensonntag) Scheiben geschlagen werden durften. Gegen diesen im Jahr 1610 zwei Wochen nach dem Funkensonntag erlassenen Beschluss verstießen aber wenige Tage später die Söhne des alten sowie des neuen Bürgermeisters.[10]

Auch aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert sind mehrere Verbote von Bräuchen überliefert. So wurde am 3. Jänner 1795 durch das Vogteiamt Bludenz unter anderem das „Funkenschlagen“ untersagt, da „diese alten Unfüge, die schon durch ihren Namen als unschicksame, einem gesitteten Volke nicht zustehende Gebräuche bekannt sind, wieder aufzuleben anfangen und hie und da geübt werden wollen“.[11]

Aus dem 19. Jahrhundert findet sich erstmals eine Reihe von Belegen für die Praxis des Scheibenschlagens, die aus volkskundlichem Interesse entstanden sind:

„Neben dem Funkenbrennen sind an einigen Orten noch zwei verwandte Bräuche, nämlich das Fackelnschwingen und das sogen. Scheibenschlagen. […]
 Das Scheibenschlagen geschieht ebenfalls am Abend des ersten Sonntags in der Fasten und an den zwei folgenden Abenden. Es ist ein Fest für Jung und Alt. Die eigentlichen Festgeber sind an den ersten zwei Abenden die Schulknaben, erst am dritten Abend nehmen auch die erwachsenen Burschen thätigen Antheil. Schon Wochen vorher trifft die muntere Knabenwelt ihre nöthigen Vorkehrungen auf den heißersehnten Tag. Stämmchen von zartrindigen Buchen werden in kleine Cylinderchen zersägt, hierauf jedes der letztern quer durchbohrt und dann der Länge nach in dünne Brettchen gespalten, welch letztere schließlich durch Abschürfen ihrer vier Ecken in achteckige oder runde Scheiben verwandelt werden, die in Größe und Form den alten mit Blei eingefaßten Fensterscheiben nicht unähnlich, jedoch im Mittelpunkte durchbohrt sind.“[12]

„Die Holzscheiben werden an eine Schnur gereiht, getrocknet und gedörrt. Nun fehlen den Knaben noch schlanke junge Haselgerten. […] Mittlerweilen rückt der Tag immer näher, die Scheiben sind schon so gut getrocknet, daß sie klingen. […] Am Vortage theilt sich die junge Schaar in einzelne kleine Gesellschaften; jede derselben wählt sich eine Anhöhe in der Nähe der Dorfschaft aus, die ihr am besten gefällt und die dem Zwecke entspricht. Auf diese Anhöhe wird gemeinschaftlich eine längliche Bank geschleppt, aus welcher zuvor auf der einen Seite die Beine entnommen wurden. Diese nun schief ansteigende Bank heißt in der Kunstsprache der Knaben: Der Scheibenstab. – Die Stunde ist endlich gekommen. Die Abendglocken sind verklungen. Ein helles Jauchzen durchtönt die Gassen. Hier und dort zieht eine Gruppe muthwilliger Jungen bergan, jeder bewehrt mit einer Fackel, einer Haselruthe und die mit Holzscheibchen gefüllte Schnur über eine der Schultern geschwungen. Muthig stapfen die jungen Bergsteiger im Schnee und wird wohl dem einen oder andern unversehens ein Puff versetzt, so daß er über und über in den Schnee hinkollert. Der aber macht sich an einem solchen Abend nichts daraus, sondern lacht dazu und schnellt sich ebenso flink wieder auf die Beine und sucht die erhaltene Lektion sogleich stillschweigend an einem andern wieder praktisch anzuwenden. Knirpse von nicht mehr als sieben bis acht Jahren wollen trotzdem dabei sein und mithalten und eine Mutter, die sie an einem solchen Abende zurückhalten wollte, thäte wahrlich nicht gut daran. Das Scheibenschlagen freut die Jungen mehr als die schönsten Geschenke des hl. Nikolaus.
 Nun haben sie die verschiedenen auserlesensten Punkte der Anhöhe erreicht. Neben dem ‚Stab‘ wird der Schnee hinweggeräumt und vermittelst der Scheiter, die jeder aus heiliger Verpflichtung mit sich gebracht, ein lustiges Feuer angefacht. Auch drunten im Thale werden die Fenster der Wohnungen durch die Lichter, die man darin angezündet, allmählich erleuchtet. Jetzt lodern die Feuer rings auf den Hügeln. Man sieht aus dem Thale, wie die Buben in malerischer Beleuchtung, in der Runde, jeder eine Scheibe, an seine Gerte gesteckt, in die lodernde Gluth hineinhält. Derjenige, dessen Scheibe zuerst angeglüht ist, schwingt sie in die Höhe, springt zu dem Stab, setzt die Scheibe auf demselben an und ruft, indem er sie schwingend noch stärker entfacht, aus kräftiger Kehle hinunter zum Thale: ‚Juhe und die Schybe, wem soll die Schybe sy? Die Schybe gilt der N. N.‘ Hier wird der Name irgend eines Mädchens, oder auch des Ortsvorstehers oder sogar des Hrn. Pfarrers gerufen. ‚Juche! Der (dem) soll sie gelten!‘ Unter diesen letzten Worten wird die Scheibe losgeschlagen und dann fährt sie, wenn sie ‚gut geht‘, in hohem Bogen wie eine Sternschnuppe glänzend durch den dunklen Luftraum, um müde vom Fluge unten im Schnee ihr kurzes, aber glanzvolles Leben zu enden. So wird eine Scheibe nach der andern, wenigstens durch eine Stunde hindurch zu Thale gesandt. Und man sollte selbst mit ansehen, was sich die Mädchen für eine Ehre drein setzen, wenn ihr Vorname häufig von der Höhe herunter klingt und noch dazu, was die Hauptsache und eine gute Vorbedeutung ist, die betreffende Scheibe dauerhaft glühend und in stolzem Bogen die Luft durchmißt.
 Aus allen Küchen- und andern Fenstern lauschen die sinnigen Köpfchen in die Höhe und betrachten das herrliche Schauspiel, das am Ende nur ihnen gilt. Namentlich am dritten Abend ist dies recht der Fall, denn dann rücken auch die erwachsenen Bursche in’s Feld, und benützen die Gelegenheit, ihren auserkorenen Geliebten jene glühenden und beflügelten Liebesboten zuzusenden. […]
 Die drei bezeichneten Nächte sind für die Schulknaben Freinächte, in denen kein Wächter sie stören darf, wenn ihn nicht die Luft anregt, mit einer schlanken Tochter irgendeiner Haselstaude in ein intimeres Verhältniß zu treten. […]
 Die Jugend freut sich am Glühen,
 Die Jugend freut sich am Schein,
 Laßt ihre Funken nur sprühen!
 Ohne Funken würd’s düster sein.“[13]


SchiebaschüßaAbb. 2 „Schiebaschüßa“ in Gortipohl 2015 (Foto: Michael Kasper, Gortipohl)

Im Großen Walsertal wurde der Brauch angeblich bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts ausgeübt.[14] Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erwähnt Franz Josef Fischer den Brauch und bezeichnet das Scheibenschlagen als „eine absonderliche Lustbarkeit“, die sich laut Mitteilung des Historikers Hermann Sander im Montafon in Vandans und in der Innerfratte am längsten gehalten habe.[15] Dementsprechend wird das „Schibaschüßa“ auch in Barbischs Heimatkunde von Vandans aus dem Jahr 1922 beschrieben.[16] Auch in Galgenul (Gemeinde St. Gallenkirch) soll der Brauch um 1920 noch praktiziert worden sein.[17] Hinweise auf das Scheibenschlagen geben auch zahlreiche einschlägige Flurnamen im ganzen Land. So finden sich im Montafon etwa der „Schiebaschlahaplatz“ im Bereich der Silbertaler Parzelle Buchen oder der „Schiebakopf“ in Vandans-Innervens.[18] Beide Lokalitäten sind für das Scheibenschlagen prädestiniert, liegen am Hang oberhalb der Dörfer und sind von dort aus gut einsehbar.


Das Scheibenschießen in Gortipohl

In Gortipohl im erwähnten Innermontafon wird das „Schiebaschüßa“ (früher auch: „Schiebaschlaha“) immer noch praktiziert. Zumindest seit dem 19. Jahrhundert wird der Brauch hier nahezu ununterbrochen gepflegt – für die Zeit davor fehlen entsprechende Belege.

Die zum Scheibenschießen verwendeten Scheiben werden zumeist aus frischem, leicht zu bearbeitendem und gut brennbarem Erlenholz, manchmal auch aus Birkenholz, hergestellt. Von den entsprechend dicken Erlenstämmen werden zunächst 10-15 cm lange Stücke abgesägt und in der Mitte durchbohrt. Anschließend werden sie in ca. 1,5 cm dicke Brettchen gespalten, aus denen dann die Scheiben herausgearbeitet werden. Zuerst werden sie mit einem Zirkel auf den Brettchen angezeichnet und in der Folge mit einem Beil rund gegen den Rand hin dünn abgehackt. Entsprechend dem Durchmesser der Brettchen beträgt der Radius der Scheiben 4-7 cm.

Ferner werden die nunmehr roh bearbeiteten Scheiben einzeln in den „Räfstuahl“ (Reifstuhl, Schnitzbank) eingespannt und mit einem Zugmesser von der Mitte aus gleichmäßig abgeflacht, sodass die fertigen Scheiben in der Mitte am dicksten und am Rand ganz dünn sind. Die Flugeigenschaft und das Glühen sollen dadurch verbessert werden. Die Löcher in der Mitte der Scheiben werden entweder mit einem Bohrer gebohrt oder mit einem heißen Eisenstab durchgebrannt. Diese Vorgangsweise ist zwar aufwendiger und langsamer, aber weil diese Löcher nicht so gleichmäßig sind halten die Scheiben besser an den Stöcken. Schließlich werden die Scheiben im oder beim Ofen gedörrt, damit sie am Funkensonntag schnell zu glühen beginnen. Die Scheibenstöcke werden hingegen erst am Vortag oder am Funkensonntag selbst geholt, damit sie noch grün sind und nicht so leicht Feuer fangen. Außerdem werden sie nach jedem Scheibenschuss in den Schnee gesteckt, um das Anbrennen möglichst lange zu verhindern. Als Schwingstöcke stehen nahezu ausnahmslos Haselstöcke in Verwendung, die zwischen 70 und 100 cm lang, dünn und geschmeidig sind. Jeder Scheibenschütze bringt für einen Abend mehrere Haselstöcke mit.


Scheiben

Abb. 3 Fertige Scheiben aus Gortipohl 2015 (Foto: Walter Kegele, Bludenz)

In den vergangenen Jahrzehnten fertigten häufig einzelne Personen große Stückmengen an Scheiben an. Manche machten diese aber auch selbst, gemeinsam mit Geschwistern und Eltern oder in der Schule im Rahmen des Werkunterrichts. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts galt in Gortipohl Franz Mangard als bester Scheibenmacher. Jedes Jahr stellte er ca. 500 Scheiben her und gab diese an die Schulknaben weiter. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts traten Bernhard und Hermann Kasper an seine Stelle. Bernhard Kasper fertigte jährlich 300 bis 400 Scheiben aus Erlenholz. Mittlerweile kümmert sich die im Jahr 1978 gegründete Funkenzunft Gortipohl um die Herstellung der Scheiben. Früher kam es auch vor, dass bereits geschossene Scheiben, die nicht zu stark verbrannt waren, aufgesammelt und wiederverwendet wurden.


Bernhard Kasper 1972

Abb. 4 Bernhard Kasper demonstriert das Scheibenschießen vor seinem Haus in Gortipohl, Aufnahme vom 19.2.1972 (Sammlung Bernhard Kasper, Gortipohl)

In Gortipohl schießen heute Frauen und Männer gleichermaßen die Scheiben vom Funkenplatz am Schattenort ins Tal. Die Scheibenschützen tragen 20 bis 100 Scheiben an Drähten oder Schnüren aufgereiht über der Schulter. Am Funkenplatz gibt es eigene Feuer, sogenannte Vorfeuer, die bei Einbruch der Dunkelheit angezündet wurden. In der Nähe befinden sich auch ein bis zwei Scheibenstöcke zum Abschießen der Scheiben. Ein solcher Scheibenstock besteht aus einem 60-70 cm hohen Holzblock, auf den ein dickes, glattes, etwa zwei m langes, schief aufwärts gerichtetes Brett, gelegt wird.


Vorfeuer

Abb. 5 Vorfeuer in Gortipohl 2015 (Foto: Walter Kegele, Bludenz)

Wenn das Scheibenschießen beginnt, stecken die Schützen je eine Scheibe an ihre Haselstöcke, stellen sich im Kreis um eines der Vorfeuer und halten die Scheibe so lange ins Feuer, bis sie zu glühen beginnt. Dann werden die übrigen Scheiben beiseitegelegt und man geht die Scheibe schwingend zum Scheibenstock. Dort wird die Scheibe über das Brett geschwungen und zuletzt über das Brett hinausgeschlagen. Bei einem gelungenen Schuss beschreibt die glühende Scheibe einen leuchtenden Bogen am dunklen Nachthimmel. Jeder Schütze trachtet danach seine Scheiben möglichst weit zu schießen. Das gute Gelingen hängt jedoch von zahlreichen Faktoren ab und so kann je nach Geschicklichkeit des Schützen, Beschaffenheit von Scheibe und Stock der Schlag auch misslingen. Auch darf die Scheibe nicht zu lose und nicht zu fest am Stock aufgesteckt sein. Unter günstigen Umständen kann eine Scheibe 100-150 m fliegen. Bei Messungen im Jahr 1964 wurden Weiten zwischen 120 und 150 m ermittelt.

Scheibensprüche wurden in Gortipohl bis etwa 1919 gerufen. Damals fragte so mancher Schütze, wenn er die Scheibe schoss: „Schieba, Schieba öberie, wem söll denn dia Schieba sie?“ und beantwortete die Frage mit dem Namen seiner Geliebten.[19] Der Heimatkundler und Lehrer Sepp Bodlak vermerkte 1922 folgende Sprüche aus Gortipohl:

„Scheibe, Scheibe,
 Über alle Reihn; O Gott wem soll dia Scheiba
 sein? – z.b. Dia Scheiba soll d’Schätzli sein und zum rechta Lädili ein.“

Auch folgende Überlieferung findet sich in seinen Aufzeichnungen: Ein Bursche habe bei einer Scheibe gerufen: „O gang z’Teifls Nama.“ Diese soll dann bis in die Ill geflogen und feurig im Fluss hinausgetrieben worden sein.[20]

Der mündlichen Überlieferung zufolge sollen glühende Scheiben nie einen Brandschaden verursacht haben, obwohl man sogar in Ställen erloschene Scheiben gefunden hatte.[21]


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[1] Vgl. Neue Freie Presse v. 25.6.1867, S. 3;Wiener Zeitung v. 2.4.1874, S. 605; Wiener Zeitung v. 19.2.1874, S. 316; Neue Freie Presse v. 30.4.1874, S. 2; Neue Freie Presse v. 24.6.1874, S. 2; Klagenfurter Zeitung v. 24.6.1874, S. 966; Wiener Zeitung v. 29.7.1874, S. 1365; Allgemeiner Tiroler Anzeiger v. 24.2.1914, S. 2; Innsbrucker Nachrichten v. 11.4.1914, S. 18;

[2] Vgl. Michael Belgrader, Scheibenschlagen in Heuweiler (Baden). Zur Wiederbelebung eines Brauches, in: Jahrbuch für Volksliedforschung 27 (1982/83), S. 364-370.

[3] Vgl. Gabriela Rist, Funkenfest in Erdeed, in: Schwabenpost 3 (2009), S. 1.

[4] Friedrich Vogt, Beiträge zur deutschen Volkskunde aus älteren Quellen, in: Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 3 (1893), S. 349-, hier S. 349.

[5] Herbert Freudenthal, Das Feuer im deutschen Glauben und Brauch, Berlin/Leipzig 1931, S. 238-248, 264f, 278-281, 296f, 318.

[6] Karl Ilg, Ein Versuch zur Erklärung des Brauches vom Funkensonntag, in: Montfort 2 (1947), S. 101-110.

[7] Vgl. Belgrader, Scheibenschlagen in Heuweiler, 364f.

[8] Vgl. Reinhard Johler, Die Formierung eines Brauches. Der Funken- und Holepfannsonntag, Studien aus Vorarlberg, Liechtenstein, Tirol, Südtirol und dem Trentino, Wien 2000.

[9] Fritz, Das „Scheibenschießen“ in Vorarlberg, S. 130.

[10] Manfred Tschaikner, Bludenz im Barockzeitalter (1550-1730), in: Manfred Tschaikner (Hg.), Geschichte der Stadt Bludenz. Von der Urzeit bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, Sigmaringen 1996, S. 161-280, hier S. 249.

[11] Ludwig Welti, Bludenz als österreichischer Vogteisitz 1418-1806. Eine regionale Verwaltungsgeschichte, Zürich 1971, S. 181f.

[12] Die Fastnachts-Funken. Eine culturgeschichtliche Skizze von S. Pl., in: Vorarlberger Landes-Zeitung v. 14.3.1867, S. 1f, hier S. 2.

[13] Die Fastnachts-Funken. Eine culturgeschichtliche Skizze von S. Pl., in: Vorarlberger Landes-Zeitung v. 16.3.1867, S. 1f.

[14] Ignaz Konzett, Sitten und Gebräuche im großen Walsertale, in: Archiv für Geschichte und Landeskunde Vorarlbergs, Vierteljahresschrift N.F. 8 (1924), S. 71-86, hier S. 78.

[15] Franz Josef Fischer, Der Funken-Küachlesonntag in Vorarlberg und Liechtenstein, in: Heimat. Beiträge zur Kultur und Naturkunde Vorarlbergs 3 (1921), 2-32, 74-79, hier S. 28.

[16] Hans Barbisch, Vandans. Eine Heimatkunde aus dem Tale Montafon in Vorarlberg, Innsbruck 1922, S. 257.

[17] Ludwig Vallaster, Brauchtum im Jahreslauf, in: Montafoner Heimatbuch, hg. v. Stand Montafon, Schruns 1974, S. 262-267, hier S. 264.

[18] Vorarlberger Flurnamenbuch I/2 Montafon, hg. v. Vorarlberger Landesmuseumsverein, Bregenz 1973.

[19] Anton Fritz, Vom Scheibenschießen in Gortipohl, in: Anzeiger für die Bezirke Bludenz und Montafon v. 20.2.1965.

[20] Sammlung Kathrin Stocker, St. Gallenkirch.

[21] Fritz, Vom Scheibenschießen in Gortipohl.


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Michael Kasper, 27.2.2023

27.02.2023