Johannis- oder Sonnwendfeuer im Montafon

Johannis- oder Sonnwendfeuer im Montafon

© Montafoner Museen

Traditionell wurden im Montafon die Johannis- oder Sonnwendfeuer am 24. Juni angezündet. 

Die Sonnwendfeuer sind unter diesem Namen im Montafon eine relativ junge Erscheinung, die von deutschnationalen Kreisen um 1900 eingeführt wurden.

Ein Eintrag im Gweiler Gipfelbuch vom 23. Juni 1960 ist dazu ein Dokument aus früherer Zeit:

"Vorabend des St. Johannistages 1960.
Schwitzend aber frohgemut kam ich an. Das letzte leuchten des scheidenden Tages verblaßt. Leise rauscht der Bergbach. Windstill - Bergesruhe! Hurtig mache ich mich an die Arbeit um das Johannisfeuer vorzubereiten. Ein einsamer Schellenton ist zu vernehmen. Doch was ist das? Ein froher Jauchzer ist aus der Tiefe zu vernehmen. Mein Freund Hermann! Nach längerer Zeit trifft er hier ein. Ein fester Händedruck. Ehrliche Freude und Glück leuchtet aus seinen Augen. Es ist das 3. mal daß wir miteinander das Ehrenfeuer des hl. Johannes niederbrennen. Herrlich lodert das Feuer. Beim letzen Rest des verglimmenden Feuers schreibe ich diese Zeilen nieder.
Der letzte Rest ist verglommen.
Wie eine Schlange zieht sich das Band des Lichtes durch das ganze Tal. Fern im Osten ist ein Gewitter. Schaurig leuchten die Blitze. Sonst Ruhe - Einsamkeit! Nur wer zur nächtlichen Stunde das erlebt weis was Bergeszauber ist. Ringsum ganz düster BErge mit schneegekrönten Häuptern! Bergeseinsamkeit - Alpenfriede
wie schön bist du!
Juen Herbert
am 23.6.1960
Tschofen Hermann
am 23.6.1960."


Buch Sonnwendfeuer


Die Sonnwendfeuer wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts von deutschnationalen Kreisen, die auch im Alpenverein stark vertreten waren, besonders inszeniert. Dabei distanzierte man sich von der christlichen Tradition und berief sich auf alte germanische Wurzeln.

Bereits seit den 1920er-Jahren veranstaltete der völkisch ausgerichtete Turnverein Schruns Sommer-Sonnwendfeuer am Kapelljoch oberhalb von Schruns.[1] Dieser Brauch war um die Jahrhundertwende von den Deutschnationalen „zum flammenden Symbol völkischer Zusammengehörigkeit und deutscher Gesinnung“[2] entwickelt worden und wurde in der Folge zum deutschnationalen Festereignis schlechthin.[3] Im Jahr 1933 brannten auf den Berghängen rund um den Schrunser Talkessel zahlreiche Hakenkreuzfeuer, die von zumeist unerkannt gebliebenen Anhängerinnen und Anhängern der NS-Bewegung entzündet worden waren.[4] Feuerrituale hatten bei den Nationalsozialisten einen besonders hohen Stellenwert. Das Feuer galt ihnen als heilig, und wie Gauleiter Franz Hofer in seiner "Weiherede" anlässlich der "Talfeier" zur Sonnenwende 1938 in Innsbruck erklärte, liegt im Feuer das "Sinnbild der Bewegung" (vgl. Deutsche Volkszeitung vom 20. Juni 1938, Seite 1). Mehr dazu gibt es unter https://arge-ns-zeit.musikland-tirol.at/content/ploner/1941-42/feuerrituale.html nachzulesen.

Bei den Feuern rund um den längsten Tag des Jahres handelt es sich also um keine alte Tradition. Vielmehr wurden diese im frühen 20. Jahrhundert eingeführt und ideologisch aufgeladen, ge- und missbraucht.

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Autor: Michael Kasper


[1] VT 26.06.1929, S. 4f; VT 23.06.1931, S. 6.

[2] Ludwig Hörmann, Tiroler Volksleben, Stuttgart 1909, S. 118.

[3] Irmgard Plattner, Fin de siècle in Tirol. Provinzkultur und Provinzgesellschaft um die Jahrhundertwende, Innsbruck/Wien 1999, S. 231; Wolfgang Scheffknecht, Die Anfänge des Fußballsports in Lustenau. Bemerkungen zur gesellschaftlichen und politischen Geschichte des FC Lustenau 07 vor dem Ersten Weltkrieg, in: Wolfgang Weber (Hg.), Regionalgeschichten – Nationalgeschichten. Festschrift für Gerhard Wanner zum 65. Geburtstag (= Schriftenreihe der Rheticus-Gesellschaft 44), Feldkirch 2004, S. 227-261, hier S. 241.

[4] VLA, BH-Bludenz II-16/1933 Hakenkreuzfeuer Gamplaschg 10.08.1933, Kapellalpe 27.08.1933, Gamplaschg 30.09.1933, Montjola 11.10.1933; VLA, BH-Bludenz II-2009/1933 Hakenkreuz-Abbrennen Gamplaschg 30.09.1933.

06.11.2019