Die weibliche Seite des alpinen Skisports im Montafon

Anita Wachter mit ihrer Goldmedaille in Calgary, 1988

© Sammlung Helmut Marent

Montafoner Frauen, die den Skisport weit über die Region hinaus prägten.

Von B wie Both bis W wie Wachter . . . Die weibliche Seite des alpinen Skisports im Montafon

Der alpine Skisport hat im Montafon eine über 110­jährige Tradition. Bereits im Winter 1906/07 waren in Schruns und Tschagguns die ersten beiden Wintersportclubs gegründet worden. Weitere Wintersportvereine und Skiclubs folgten. 1949 wurde der Skiclub Montafon als Talschaftsverband gegründet, dem mittlerweile zehn Ortsvereine angehören. Über die Jahrzehnte wurden zahlreiche Meisterschaften auf Landes­ und Bundesebene, aber auch internationale Rennen, wie etwa die Internationalen 2­Pisten­Rennen in den 1950er Jahren und die Goldschlüsselrennen in den 1960er, 70er und 80er Jahren durchgeführt. Die letzten alpinen Weltcuprennen fanden 1992 am Golm statt.[1]

Zudem brachte das Montafon zahlreiche erfolgreiche Skisportlerinnen und ­sportler hervor. Hierzu muss vorausgeschickt werden, dass es den alpinen Skiweltcup erst seit 1967 gibt, davor wurden keine Weltcup­, sondern so genannte FIS­Rennen veranstaltet. Die größten Montafoner Siege errangen Frauen, von denen nun die fünf besten alpinen Läuferinnen in chronologischer Reihenfolge vorgestellt werden.

Luise Jaretz (* 1931): Ihr gelang als erster Montafonerin der Vorstoß in die Weltspitze. In den Jahren 1951 bis 1957 konnte sie über 20 Siege bei FIS­Rennen erringen. Bei ihren einzigen Weltmeisterschaften im Jahre 1954 wurde sie zweimal Fünfte. Ihr persönliches Highlight waren die vier Siege bei den ersten 2­Pisten­Rennen, die 1951 auf Grabs (Tschagguns) und am Hochjoch (Schruns) ausgetragen wurden.[2]


Luise Jaretz im Renneinsatz, Sammlung Helmut Marent, Tschagguns


Erika Netzer (1937 – 1977): Sie war ohne Zweifel eine der weltbesten Skifahrerinnen der späten 1950er und frühen 1960er Jahre. Neben 23 FIS­Rennen gewann sie bei den Weltmeisterschaften 1962 die Silbermedaille im Riesentorlauf und zwei Bronzemedaillen in Slalom und Kombination. 1959 belegte sie zudem in der inoffiziellen Weltrangliste den ersten Rang. Hätte es damals den Titel „Gesamtweltcupsiegerin“ bereits gegeben, hätte sie ihn errungen. Im selben Jahr wurde sie in Kitzbühel dreifache österreichische Meisterin, wobei sie den Abfahrtstitel auf der legendären „Streif“ errang. Ein weiterer Höhepunkt war der Kombinationssieg bei den ersten Goldschlüsselrennen 1963, worauf im Sommer desselben Jahres mit nur 26 Jahren das frühe Karriereende folgte.[3] 


Eine der Besten ihrer Zeit: Erika Netzer, Sammlung Helmut Marent, Tschagguns


Hermine Both (* 1944): Ihre Karriere war noch kürzer als jene von Netzer. Erstmals aufzeigen konnte Both beim Internationalen Austria­Jugend­Preis 1961 in Schruns­Tschagguns. Darauf folgten zahlreiche Spitzenplätze bei FIS­Rennen, darunter ein dritter Platz beim Ätna­Riesentorlauf 1963. Im selben Jahr kam sie zudem bei den Goldschlüsselrennen dreimal unter die Top 15. Trotz dieser vielversprechenden Ergebnisse beendete sie ihre Karriere am Ende jener Saison mit gerade einmal 19 Jahren.[4]

Ingrid Gfölner (* 1952): Sie war die beste Montafoner Skiläuferin der 1970er Jahre. 1970 qualifizierte sie sich 17­jährig für die Weltmeisterschaften, bei denen sie einmal beachtliche Fünfte wurde. Auch wenn sie nie ein Weltcuprennen gewinnen konnte, errang sie immerhin fünf Podestplätze (zwei davon vor heimischem Publikum) und 21 weitere Top­10­Platzierungen.[5]

Anita Wachter (* 1967): Sie ist die erfolgreichste Vorarlberger Skiläuferin der vergangenen Jahrzehnte. Ihren Durchbruch schaffte sie 1988 mit gerade einmal 21 Jahren als Olympiasiegerin in der alpinen Kombination. Bei der Olympiade 1992 gewann sie zwei Silbermedaillen in der Kombination und im Riesentorlauf. Zudem konnte sie zwischen 1991 und 1999 bei Weltmeisterschaften zwei Silber­ und drei Bronzemedaillen gewinnen. Im Weltcup errang sie 74 Podestplätze, davon 19 Siege. Neben insgesamt fünf kleinen Kristallkugeln in den Disziplinen Riesentorlauf und Kombination konnte sie in der Saison 1992/93 zudem den Gesamtweltcup für sich entscheiden.[6]

Die Erfolge der Montafoner Skiläuferinnen sind beachtlich. Seit Anita Wachter blieben die ganz großen Siege im alpinen Skiweltcup jedoch aus. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich das in naher Zukunft wieder ändert.

 

Ursprünglich erschienen in: Brugger, Andreas, Werner Matt und Katrin Netter (Hrsg.): Frauen- und Männergeschichten in und aus Vorarlberg. Zwei Ausstellungen des Arbeitskreises Vorarlberger Kommunalarchive. Dornbirn, Egg, Schruns 2019. S. 72-75.


[1] Brugger, Andreas: Vom Pioniergeist zum Massensport – 100 Jahre Skisport im Montafon. Schruns 2006 (Sonderband 3 zur Montafoner Schriftenreihe).

[2] Vgl.: Ebd. S. 336.

[3] Vgl.: Ebd. S. 334f.

[4] Vgl.: Ebd. S. 337f.

[5] Vgl.: Ebd. S. 338f.

[6] Vgl.: Ebd. S. 333f.

12.11.2020